Distributed CCAP

Effiziente DOCSIS-Nutzung mit Distributed CCAP

23. Mai 2023 | Die AXING AG und die DEV Systemtechnik GmbH liefern die Technik und Know-How zur Triple-Play-Versorgung von rund 2500 Wohneinheiten der lokalen Wohnungswirtschaft in Schwäbisch Gmünd.

Seit Jahren tritt die Schweizer AXING AG zusammen mit ihrer Tochterfirma DEV Systemtechnik GmbH gemeinsam als „HFC Broadband Solutions“ auf, um Breitband-Technologien für Stadtwerke und Netzbetreiber zu vermarkten. In dieser Konstellation konnte nun auch ein Projekt in Schwäbisch Gmünd gemeinsam mit der vor Ort ansässigen Marke fairfast.de erfolgreich abgeschlossen werden.

Im aktuellen Fall werden die knapp 2500 Wohneinheiten der lokalen, im kommunalen Verbund eigenständigen städtischen Wohnungswirtschaft VGW (Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft mbH) über Remote-CCAP, die modernste Form der verteilten Kopfstellenarchitektur (DCA = Distributed CCAP Architecture) koaxial und unter Nutzung der Standards DOCSIS 3.1 für Internet und Telefonie sowie DVB-C für das Fernsehen versorgt. Die hohen Bandbreiten werden beim DCA-Ansatz dadurch erreicht, dass das Netz eine sehr hohe Durchdringung mit Glasfaser aufweist, um die im Feld befindlichen Access-Nodes zu versorgen. Für die aufwändig umzurüstende „letzte Meile“ setzen die Remote-CCAP-Nodes sowohl die Internet-Bandbreite als auch TV um und überbrücken die Strecken zum Kunden koaxial über die bereits existierenden Verteilstrukturen.

Remote-CCAP-Nodes für die „letzte Meile“

Initiiert durch GmündCOM

Initiiert wurde das Projekt von der GmündCOM. Die seit 2002 mit dem Glasfaserausbau in der Region aktive Breitbandgesellschaft der Stadt Schwäbisch Gmünd, die mit ihrer Marke fairfast.de am Markt auftritt, hat damit den konsequenten nächsten Schritt der Modernisierung des Breitbandnetzes in der Region durchgeführt. Zusammen mit der Schwestergesellschaft VGW wurde das Bestandsnetz nach langjähriger Projektierung und Planung von der Vodafone (ehemals Unitymedia) übernommen und Gigabit-fähig gemacht. Dadurch wurde für die Bewohner ein flächendeckender Zugang mit Triple-Play geschaffen und in der Umgebung der Gebäude dank modernster DOCSIS-Technologie von AXING/DEV der unterversorgte Bereich ertüchtigt. Fairfast-Geschäftsführer Stephan Crummenauer: „Das Projekt konnte trotz besonderer Herausforderungen und Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen wie z. B. Nebenkostenprivileg und Wegfall des Sammelinkasso zum Erfolg geführt werden. Bei uns steht dabei der Endkunde im Blickpunkt: Er wird jetzt mit schnellem Internet versorgt. Dazu nutzen wir höchste Qualität auch in der Hardware und bieten alles zu einem äußerst fairen Preis an. Damit sind wir im Puls der Zeit und müssen uns vor keinem der großen Anbieter verstecken. Ganz im Gegenteil.“

fairfast.de ist sowohl der Betreiber des Netzes als auch Eigentümer des Backbones und der wesentlichen Teile der Netzinfrastruktur. Netzanteile im Bereich der WoWi sind Eigentum der VGW. Insgesamt wurden in das Projekt über 4 Millionen Euro investiert. Stephan Crummenauer: „Uns ist dabei der Verbleib der Wertschöpfung in der Region extrem wichtig. Daher haben wir uns mit der VGW und z. B. der Baufirma Eichele lokale Partner ins Boot geholt.“ So konnten die erwähnten knapp 2500 Wohneinheiten, die sich auf etwa 300 Liegenschaften verteilen, erschlossen und mit einem sehr innovativen und konkurrenzfähigen Triple-Play-Angebot aus Internet, Telefonie und TV versorgt werden. Es werden zwei Internettarife angeboten: „fairfast VGW basic“ bietet 10 Mbit/s für den Download und 2 Mbit/s für den Upload, während der Tarif „fairfast VGW premium“ mit 1 Gbit/s im Download und 50 Mbit/s im Upload echte Gigabit-Fähigkeit herstellt. Das überwiegend im Feld vorherrschende DOCSIS-Modem für den Internet-Zugang ist die AVM FRITZ!Box 6660 Cable, die an die Bewohner ausgegeben wurde, wobei auch einige wenige kundeneigene Endgeräte soweit als möglich unterstützt werden.

Umfassendes SD- und HD-Senderangebot

TV-seitig steht ein äußerst umfassendes SD- und HD-Senderangebot inklusive Premiumpaketen, SKY, Spartensendern und Auslandspaketen – insgesamt um die 600 Programme – zur Verfügung. Aufbereitet werden die TV-Signale durch einen Stadtwerke-Verbundpartner, als Backup wird ein eigenes Notfall-Headend betrieben.

fairfast.de produziert das Internet und die wesentlichen Services selbst im eigenen Rechenzentrum. Zugekauft wird das Voice-Produkt (Telefonie) sowie die Basis-TV-Versorgung.

Die wesentlichen im Projekt beteiligten Unternehmen neben AXING, DEV und der GmündCOM bzw. fairfast.de waren ehcon Network Engineering aus Berlin, NMS PRIME aus dem Erzgebirge sowie JF Elektrotechnik aus Heubach unweit von Schwäbisch Gmünd. ehcon-Inhaber und Geschäftsführer Matthias Ehrlich wurde in beratender Funktion ins Projekt mit einbezogen. Mit seiner Erfahrung strukturierte er das Projekt in Zusammenarbeit mit fairfast.de und koordinierte sämtliche Arbeiten bis in die Feinplanung. Dazu gehörten unter anderem die Ausarbeitung der Systemarchitektur, die Information der VGW-Bewohner, die Rufnummernportierung vom Vorbetreiber Vodafone, die Überwachung der Bautätigkeiten, die Koordination der Umrüstung der Netzebene 4, die Zusammenstellung sämtlicher benötigter Hardware- und Software-Komponenten und viele andere Aufgaben mehr. „Wir haben technisch ein herausragendes Projekt in kürzester Zeit umgesetzt. 2500 Kunden sind nun in der Lage, mit einem preislich unschlagbaren Tarif bestes Internet zu genießen. Die Umsetzung erforderte an vielen Stellen hohen Einsatz von vielen Beteiligten. Heute aber können wir sagen: Es hat sich gelohnt. Für fairfast.de war es spannend, den Endkunden-Sektor auf diese Art zu erschließen“, sagt Matthias Ehrlich. Dem schließt sich auch Yannick Kühnhöfer von fairfast.de an: „Wir werden das rund zweijährige Projekt nutzen, um uns noch weiter im Endkunden-Bereich zu etablieren.“ Die lokale Nähe zu den Kunden und der Ansprechpartner vor Ort seien wichtige Signale in Zeiten, in denen vieles nur noch anonym ablaufe. Auch für Geschäftsführer Stephan Crummenauer ein wertvolles Zeichen, was er bereits an den Rückmeldungen erkennen könne: „Wir sind im regen Austausch mit unseren Kunden – die Resonanzen sind hervorragend.“

Die Firma NMS PRIME steuerte das DOCSIS-Provisioning-System bei und unterstützte bei der Inbetriebnahme und Programmierung der Distributed-CCAP-Nodes. JF Elektrotechnik um Inhaber Josef Furis war mit seinem Team mit sämtlichen Arbeiten im koaxialen Verteilnetz zwischen den Remote-CCAP-Geräten und den Kundenendgeräten betraut und wird auch in Zukunft die Wartung und – wenn nötig – Entstörung des HF-Netzes übernehmen.

Remote-CCAP als Kernelement

Wie bereits erwähnt ist das zentrale, technologische Konzept, das in Schwäbisch Gmünd verfolgt wurde, der Distributed-CCAP-Ansatz mit Remote-CCAP als Kernelement. Im Falle von DCA wird die HF erst weit draußen im Feld im digitalen Access-Node und nicht zentral in der Kopfstelle erzeugt. Das bedeutet, dass von der Kopfstelle bzw. dem Data-Center bis zum DCA-Node ein digitaler Link die Inhalte verlustfrei in Form von Ethernet-Signalen transportiert. Die im Feld erzeugte HF muss nun nur noch eine Kaskade von sehr wenigen Verstärkern überbrücken („letzten Meile“). Dies führt zu einer signifikanten Verbesserung der Signalqualität an der Teilnehmer-Anschlussdose, was entscheidend für den Erfolg der aktuellen DOCSIS-Standards ist. Dabei ist DCA nicht nur für eine bessere HF-Performance der richtige Ansatz, sondern auch für eine Verkleinerung der Servicegruppen. DOCSIS ist ein so genanntes Shared Medium. Nur wenn sich die Bandbreite in einem Netzsegment nicht unter zu vielen Haushalten aufteilt, sind höchstbitratige Verträge mit dem Endkunden realisierbar. Kleinere Servicegruppen in Verbindung mit einer höheren Signalqualität und damit verbunden mit höheren möglichen Modulationen führen zu einer deutlich erhöhten Bandbreite pro Nutzer! Ein hohes Maß an Skalierbarkeit macht den Ansatz zukunftssicher und wettbewerbsfähig. Da im Falle von Remote-CCAP sämtliche CMTS- und (wenn benötigt) auch sämtliche EdgeQAM-Funktionalität im Node enthalten ist, ist auch die Anbindung des Nodes im Data-Center denkbar einfach. Deshalb wurde im Projekt in Gmünd auch dieser Ansatz einer zentralen CMTS-Lösung vorgezogen, da man so nicht von den oben geschilderten DCA-Vorteilen profitiert hätte. Auch Remote-PHY schied aus, da hierfür ein zentraler CCAP-Core zur Anbindung der RPDs (Remote-PHY-Devices) nötig ist, was zusätzlich zu den etwas günstigeren Access-Nodes Zusatzkosten verursacht. Zudem ist beim RPD-Ansatz die Anbindung der Nodes im Feld an den CCAP-Core deutlich komplexer und die Lösung ist weniger skalierbar, da der CCAP-Core bereits ab dem ersten RPD im Feld beschafft werden muss.

Konkret werden im VGW-Projekt für die etwa 2500 Anschlüsse 25 Remote-CCAP-Nodes eingesetzt. 22 davon im Outdoor-Node-Gehäuse sind tatsächlich der grundsätzlichen Idee des Ansatzes folgend im Feld positioniert und versorgen jeweils mehrere Liegenschaften. Drei Stück wurden im 19-Zoll-Indoor-Gehäuse geliefert und werden, wie klassische CMTS-Geräte, an zentralen Punkten betrieben. Hintergrund dafür ist, dass es über das Stadtgebiet verteilt viele Gebäude der WoWi gibt, die nur einige sehr wenige Wohneinheiten umfassen und für die eine Remote-Versorgung zu aufwändig wäre. Für diese Liegenschaften werden alle Signale zentral erzeugt und mittels analoger Optik in die Gebäude übertragen. Dort sorgen dann klassische Fiber-Nodes für die Umsetzung auf die koaxiale Hausverteilung. Die Anbindung aller Nodes an das Data-Center bzw. die redundante Layer-3-Core-Switch-Architektur erfolgt über Glasfaser und bidirektionale 10G-SFP+-Module.

Als Provisioning-System NMS PRIME zum Einsatz, die im Projekt „on premise“, also Server-basiert und im eigenen Rechenzentrum betrieben wird. NMS PRIME bietet über das reine Provisioning hinaus viele Features und Module wie ein Billing-System (= Abrechnungssystem), ein Ticketing-System, HF- und IP-Monitoring, Failure Management, Google-Maps-Netzpläne usw., welche alle in Schwäbisch Gmünd erfolgreich und vollumfänglich eingesetzt werden.

Sehr viel Wert wurde im Projekt auf kleine Cluster gelegt. Die minimale Clustergröße umfasst rund 30 WE, die maximale etwa 150. Die zuvor erwähnten Datentarife werden im Downstream über 24 DOCSIS-3.0-Kanäle gebündelt mit einem 192 MHz breiten DOCSIS-3.1-OFDM-Kanal und im Upstream über vier 6,4 MHz breite DOCSIS-3.0-A-TDMA-Kanäle realisiert. Die TV-Programme werden über 63 DVB-C-Transponder übertragen. Insgesamt ist das HF-Spektrum bis 1006 MHz belegt.

Die TV-Kanäle werden zentral generiert und dem Remote-CCAP-Node über ein analog-optisches RF-Overlay-Signal zugeführt. Das bedeutet, dass die integrierte EdgeQAM-Funktionalität der Nodes nicht verwendet wird, dafür aber der ebenfalls integrierte analoge Fiber-Node. Das so generierte TV-Spektrum wird dann im Node mit den dort erzeugten DOCSIS-Spektren zusammengeführt und bezüglich Pegelung und Vorentzerrung an das DOCSIS-Signal angeglichen.

Netzaufnahme und -Vermessung und Realisierung

Vor dem Projektstart wurde durch AXING eine einwöchige Netzaufnahme und -Vermessung durchgeführt. Ziele dieser Aktion waren unter anderem, herauszufinden, inwieweit alte Signallaufpläne (noch) stimmen, die Netzqualität zu erfassen und geeignete Orte im Feld für die Positionierung der Remote-CCAP-Nodes ausfindig zu machen. Die Access-Nodes wurden ausschließlich in Kellern der Liegenschaften der WoWi platziert, es wurden keine Street-Cabinets gesetzt. Aus der Netzaufnahme ging hervor, dass es zwischen den WoWi-Gebäuden bis auf wenige Ausnahmen existierende (aber durch Vodafone in der Regel nicht mehr genutzte) Erdkabel gab, die für das Projekt reaktiviert wurden. In sehr wenigen Ausnahmefällen mussten Verbindungen zwischen Liegenschaften neu vergraben werden.

Netzaufnahme und verwendete Messtechnik

Mit den Ergebnissen der Netzaufnahme wurden die Positionen der Remote-CCAP-Geräte und sinnvolle Cluster definiert. Diese Locations wurden im späteren Projektverlauf und nach sorgfältiger Planung mit Glasfaser angegraben. Dafür wurde sowohl auf klassischen Tiefbau als auch gelegentlich auf Trenching als Verlege-Verfahren zurückgegriffen. Von den Positionen der Remote-CCAP-Nodes werden sowohl die direkt darüberliegende NE4-Verteilung als auch über die angesprochenen Erdkabel einige umliegende Liegenschaften versorgt. Insgesamt wurden von AXING etwa 300 völlig neue, vorgefertigte und mit AND-Unterstützung geplante Schränke geliefert, die entweder die NE4-Verstärker- und Verteiltechnik oder Linienverstärkertechnik für die mitversorgten Gebäude oder aber die analogen Fiber-Nodes (plus NE4-Verteiltechnik) für die analog-optisch versorgten Einzelliegenschaften enthalten.

Beispiel für das Innenleben eines Verteilschrankes

Beispiel für eine Planung für einen Schrank mit daneben verbautem Remote-CCAP-Node (erstellt von Fa. ehcon)

Installierter Remote-CCAP-Node und geöffneter Verteilschrank

Sämtliche Arbeiten in den Gebäuden wie z. B. die Montage der Remote-CCAP-Geräte und der HF-Schränke inklusive Speisung der Hardware mit Strom, die Einpegelung der Signale, die Vermessung der Hausverteilungen, ggf. Tausch der bestehenden Antennendosen durch Multimediadosen, was in etwa 10 % der Fälle nötig war, sowie die Inbetriebnahme der DOCSIS-Modems in den Wohnungen wurde von der Firma JF Elektrotechnik um Josef Furis ausgeführt. So konnten im Projekt auch Bestandsanlagen mit Minikoax-Verteilungen erfolgreich erschlossen werden.

Insgesamt konnte die Signalqualität an den Antennendosen und damit die Kundenzufriedenheit massiv verbessert werden. Bei der Erstbegehung des Netzes klagten viele Bewohner beispielsweise über Pixeln und massive Aussetzer beim Fernsehbild. Durch den DCA-Ansatz, die kleineren Cluster und die neuen und perfekt geschirmten und eingepegelten HF-Bauteile, die den Bestands-NE4-Verteilungen vorgelagert sind, gehören diese Probleme der Vergangenheit an.

Die nicht mehr weiterverwendete Vodafone-Verteiltechnik in den Liegenschaften ging durch die Kündigung des Signalliefervertrages in den Besitz der VGW über, was zu Zusatzkosten für die Demontage und die fachgerechte Entsorgung sorgte.

Sehr erfreulich ist hingegen, dass entlang der neuen Signaltrassen auch einige nicht zur WoWi gehörende Liegenschaften mitversorgt werden können und so noch Kunden dazugewonnen werden konnten.

Fazit

Benedikt Breuer, CTO und Mitglied der Geschäftsleitung von AXING äußert sich folgendermaßen zum Projekt: „Für die AXING AG und die DEV Systemtechnik GmbH war es ein extrem spannendes Projekt mit hervorragenden Partnern, das zeigt, dass existierende Koaxialkabelnetze nach wie vor eine sehr hohe Leistungsfähigkeit besitzen sofern auf die passende Technologie gesetzt wird. Weiterhin hat es einmal mehr bewiesen, wie wichtig funktionierende Partnerstrukturen für eine erfolgreiche Projektumsetzung sind. Wir freuen uns, dass wir im Projekt nicht nur als Hardwarelieferant auftreten durften, sondern auch Mess- und Planungsdienstleistungen sowie umfassendes DOCSIS-, Optik- und CATV-Know-How beisteuern konnten.“

Projektleiter Yannick Kühnhöfer (fairfast.de) und Consultant Matthias Ehrlich (ehcon)

Benedikt Breuer (CTO & Mitglied der Geschäftsleitung AXING AG) und Stephan Crummenauer (Geschäftsleitung GmündCOM)

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